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LPK RLP initiierte Treffen mit Vertretern der Ministerien

Psychotherapeutische Behandlung von psychisch kranken Flüchtlingen scheitert häufig an der Genehmigungspraxis der zuständigen Kommunen. Schutzbedürftigen Personen kommt jedoch gemäß der EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU ein besonderer rechtlicher Status zu, aus dem sich ergibt, dass ihnen die „erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe, einschließlich erforderlichenfalls einer geeigneten psychologischen Betreuung“ gewährt werden muss.
Darauf weist Herr Dr. Elias Bender, Referatsleiter für Rechtsfragen der Flüchtlingspolitik im Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz  (MFFJIV) in einem Rundschreiben hin. Der elektronische Brief  vom 3. August 2016 richtete sich an alle zuständigen Leistungsbehörden  in Rheinland-Pfalz, d.h. die Landkreise, kreisfreie Städte sowie an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier.

Der Versendung des Briefes ging ein Treffen zwischen der Vizepräsidentin der LandesPsychotherapeutenKammer Rheinland-Pfalz, Dr. Andrea Benecke, der Geschäftsführerin der Kammer, Petra Regelin, dem Referatsleiter Dr. Bender vom MFFJIV und Frau Dr. Julia Schwaben vom Referat „Psychiatrie und Maßregelvollzug“ des Gesundheitsministeriums voraus. Begleitet wurden Frau Dr. Benecke und Frau Regelin von Kammermitglied Sibylle Merkel, die Psychotherapeutin in Alzey ist. Auf Grund ihrer eigenen positiven Erfahrungen konnte sie berichten, wie die Zusammenarbeit zwischen kommunalen Behörden und Psychotherapeuten im Idealfall abläuft. 
Selten funktioniert die Zusammenarbeit aber so reibungslos wie in Alzey: zahlreiche betroffene Psychotherapeuten hatten beim Runden Tisch zum Thema „Psychotherapie mit Flüchtlingen“, zu dem die LPK RLP im April eingeladen hatte, die Genehmigungspraxis der Kommunen beklagt. Häufig käme es zu einer Fehlbeurteilung psychischer Erkrankungen durch Sozialbehörden. Insgesamt würden Psychotherapien nach dem AsylbLG viel zu selten gewährt, häufig mit Verweis darauf, dass psychische Erkrankungen nicht akut behandlungsbedürftig sind oder eine medikamentöse Behandlung ausreicht. 
Der Rundbrief des MFFJIV weist daher ausdrücklich darauf hin, dass die Leistungsbehörden bei Anwendung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG)  die Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie  2013/33/EU zu beachten haben, die für den Personenkreis der schutzbedürftigen Personen einen erweiterten Rechtsanspruch im Zuge der medizinischen Leistungsgewährung festsetzt. In der EU-Aufnahmerichtlinie werden als schutzbedürftige Personen (nicht abschließend!) aufgezählt:
  • Minderjährige
  • Unbegleitete Minderjährige
  • Behinderte
  • Ältere Menschen
  • Schwangere
  • Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern
  • Opfer des Menschenhandels
  • Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen
  • Personen mit psychischen Störungen
  • Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer und sexueller Gewalt erlitten haben
Diese Personen sind stets als schutzbedürftig zu qualifizieren und haben einen Anspruch auf die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe, einschließlich erforderlichenfalls einer geeigneten psychologischen Betreuung. Bezogen auf die von der Richtlinie erfassten Personengruppen reduziere sich das behördliche Ermessen „auf Null“ stellte die Bundesregierung  am 30. Juni 2016 klar (Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen; Bundestag Drucksache 18/9009).
Es bleibt zu hoffen, dass Rundschreiben des MIFFJIV seine Wirkung nicht verfehlt und in Zukunft schutzbedürftigen Flüchtlingen die ihnen zustehende psychotherapeutische Behandlung gewährt  wird – so dass sich die Zusammenarbeit zwischen Psychotherapeuten und kommunalen Behörden auch andernorts so problemlos gestaltet wie LPK-Mitglied Merkel es aus Alzey berichtete.

Den elektronischen Brief zur „Gewährung medizinischer und anderer Hilfen an schutzbedürftige Personen nach den Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie“ finden Sie hier.

Dr. Elias Bender, Sybille Merkel, Petra Regelin und Dr. Andrea Benecke bei ihrem Gespräch im Ministerium (nicht im Bild: Dr. Julia Schwaben)

06.09.2016
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