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Psychisch kranke Arbeitnehmer erhalten zu selten Psychotherapie

Die psychotherapeutische Versorgung von Personen im erwerbsfähigen Alter ist ungenügend. Nur etwa jede zehnte psychisch kranke Erwerbsperson (9,9 Prozent) erhält innerhalb eines Jahres eine Psychotherapie. Hingegen wird ein Viertel der Betroffenen (25,3 Prozent) mit Psychopharmaka behandelt. Dies ergaben Analysen für das Jahr 2012 im aktuellen Gesundheitsreport der BARMER GEK. „Es kann nicht sein, dass psychisch kranke Menschen im erwerbsfähigen Alter so selten psychotherapeutisch behandelt werden, obwohl bei vielen psychischen Erkrankungen Psychotherapie nach wissenschaftlichen Erkenntnissen die Behandlungsmethode der Wahl ist und helfen kann, die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen“, kritisiert Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Hochgerechnet auf das Bundesgebiet erhalten nur drei Prozent aller Erwerbspersonen eine Psychotherapie, obwohl ein Drittel von ihnen innerhalb eines Jahres an einer psychischen Erkrankung leidet, so der BARMER GEK Gesundheitsreport. Besonders schlecht ist die psychotherapeutische Versorgung auf dem Land und in den ostdeutschen Bundesländern. In Brandenburg erhalten nur zwei Prozent der Erwerbspersonen eine Psychotherapie, in Mecklenburg-Vorpommern ist es sogar nur ein Prozent. Wie der BARMER GEK Gesundheitsreport zeigt, hängt die Psychotherapierate stark von der Psychotherapeutendichte in der jeweiligen Region ab. Diese ist wegen historischer Fehler in der sogenannten Bedarfsplanung besonders in ländlichen Regionen viel zu gering. Hintergrund ist, dass die Zahl der 1999 existierenden psychotherapeutischen Praxen schlichtweg als „den Bedarf deckend“ erklärt worden ist. Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch auf dem Land und in den ostdeutschen Bundesländern sehr wenige Psychotherapeuten. Damit wurde die psychotherapeutische Unterversorgung von 1999 mit der Bedarfsplanung festgeschrieben und wird heute immer noch weiter fortgeführt. „Wir brauchen eine grundsätzliche Reform der Bedarfsplanung“, so Richter. „Der tatsächliche Bedarf an psychotherapeutischen Behandlungsplätzen wurde bisher nie ermittelt. Wie die Ergebnisse des Gesundheitsreports der BARMER GEK zeigen, können die bisher niedergelassenen Psychotherapeuten nur einen Bruchteil der psychisch Kranken behandeln. Gesetzesvorhaben, die einen Abbau der eh schon geringen Anzahl von Psychotherapieplätzen vorsehen, sind nicht zu verantworten“, stellt BPtK-Präsident Richter fest. Die BARMER GEK analysiert jährlich in ihren Gesundheitsreporten das Arbeitsunfähigkeitsgeschehen ihrer Versicherten. Im diesjährigen Report steht das Thema „Psychische Erkrankungen im Erwerbsleben“ im Mittelpunkt. Die Analysen beruhen auf den Daten zum Arbeitsunfähigkeitsgeschehen von gut 3,5 Millionen Erwerbspersonen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren.
31.10.2014
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