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BPtK zum Terminservice- und Versorgungsgesetz

(BPtK-Pressemeldung) Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert, mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) in einem Sofortprogramm rund 1.500 psychotherapeutische Praxen zusätzlich zu schaffen. „Psychisch kranke Menschen dürfen nicht länger monatelang darauf warten müssen, behandelt zu werden“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK. „Deshalb sollte kurzfristig nicht nur die psychiatrische, sondern auch die psychotherapeutische Versorgung verbessert werden.“

In der ambulanten Psychotherapie bestehen besonders große Versorgungs- und Terminschwierigkeiten. Psychisch kranke Menschen warten durchschnittlich fünf Monate auf eine psychotherapeutische Behandlung. Das TSVG plant jedoch nur einen Ausbau der psychiatrischen Versorgung, der aber nicht ausreicht, da Psychiater schwerpunktmäßig pharmakologisch behandeln. Bei fast allen psychischen Erkrankungen gehört Psychotherapie zur Behandlung der ersten Wahl. Nach dem jüngsten Gutachten des Sachverständigenrats zur Beurteilung der Entwicklung im Gesundheitswesen (2018) warten psychisch Kranke doppelt so lange auf eine psychotherapeutische wie auf eine psychiatrische Behandlung.

BPtK-Konzept: Mehr Praxen außerhalb der Großstädte
Die BPtK fordert deshalb ein Sofortprogramm für eine bessere psychotherapeutische Versorgung. Es sollten zusätzliche Praxen dort geschaffen werden, wo die Wartezeiten besonders lang sind. Das sind vor allem Planungsbereiche außerhalb von Ballungszentren und im Ruhrgebiet. So zeigt eine aktuelle Wartezeitenstudie der BPtK (2018), dass Menschen außerhalb von Ballungszentren durchschnittlich fünf bis sechs Monate auf den Beginn einer Psychotherapie warten. Im Ruhrgebiet sind es sogar mehr als sieben Monate. Die Wartezeit in Großstädten liegt bei durchschnittlich vier Monaten.

Die besonders langen Wartezeiten außerhalb von Ballungszentren sind darauf zurückzuführen, dass dort entsprechend der Bedarfsplanungs-Richtlinie deutlich weniger Psychotherapeuten vorgesehen sind als in den Großstädten. In Großstädten sollen für 100.000 Einwohner rund 36 Psychotherapeuten zur Verfügung stehen. Außerhalb von Ballungszentren sind es zwischen 12 und 15 Psychotherapeuten. Menschen in der Stadt und auf dem Land erkranken psychisch jedoch ungefähr gleich häufig. Die Unterschiede zwischen den Kreistypen der psychotherapeutischen Bedarfsplanung lassen sich also nicht mit einer unterschiedlichen Häufigkeit bei psychischen Erkrankungen begründen.

Ein Sonderfall in der Bedarfsplanung ist das Ruhrgebiet. Obwohl die Region zwischen Rhein und Ruhr ein großstädtischer Ballungsraum ist, können sich dort entgegen der allgemeinen Systematik der Bedarfsplanung deutlich weniger Psychotherapeuten niederlassen als in anderen Großstädten. Darum sind zwischen Duisburg und Dortmund die Wartezeiten auf eine ambulante Psychotherapie sogar noch länger als auf dem Land. Sie betragen dort mehr als sieben Monate.

Unterschiede zwischen Stadt und Land bei Psychotherapeuten besonders groß
Außerhalb von Ballungszentren sind nicht nur viel zu wenige Psychotherapeuten vorgesehen, es sind auch im Vergleich zu Ärzten besonders wenige. Vergleicht man das Verhältnis von Stadt zu Land bei Psychotherapeuten und Ärzten, so stellt man fest, dass das Behandlungsangebot für psychisch kranke Menschen schlechter ist als das Angebot für körperlich kranke Menschen (siehe: Beispiel Kreistyp 4). „Psychisch kranke Menschen sind in ländlichen Regionen besonders benachteiligt“, stellt BPtK-Präsident Munz fest. Die BPtK fordert deshalb das Verhältnis von Psychotherapeuten in der Stadt und auf dem Land an die Spreizung bei Fachärzten anzupassen. „So ließen sich kurzfristig wenigstens die gröbsten Versorgungsdefizite mildern“, erklärt Munz.

Beispiel Kreistyp 4:
Aktuell sind in Großstädten (Kreistyp 1) 36,1 Psychotherapeuten pro 100.000 Einwohner vorgesehen. In der weiteren Umgebung einer Großstadt (Kreistyp 4) sind es 12,8 Psychotherapeuten pro 100.000 Einwohner. Demnach ist in Kreisen, aus denen heraus die Großstadt schon nicht mehr in angemessener Zeit für eine Behandlung zu erreichen ist, nur ein Drittel (36 Prozent) der Psychotherapeuten vorgesehen verglichen mit der Großstadt, obwohl die Menschen dort ungefähr genauso häufig psychisch erkranken. Nach dem BPtK-Konzept soll das Verhältnis zwischen Kreistyp 1 und Kreistyp 4 bei den Psychotherapeuten auf das durchschnittliche Verhältnis in der allgemeinen fachärztlichen Versorgung angehoben werden: von 36 auf 56 Prozent. Im Kreistyp 4 wären dann 20,2 Psychotherapeuten je 100.000 Einwohner vorgesehen. „Selbst dann wäre die psychotherapeutische Versorgung auf dem Land noch deutlich schlechter als in der Stadt“, erklärt BPtK-Präsident Munz.


Hintergrundinformationen der BPtK zum TSVG-Kabinettsentwurf finden Sie hier.

26.09.2018
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