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Neuer Handlungsleitfaden zum Umgang mit weiblicher Genitalverstümmelung und Zwangsverheiratung

Was können Psychotherapeut*innen tun, deren Patientinnen von weiblicher Genitalverstümmelung oder / und Zwangsverheiratung betroffen oder bedroht sind sind? Welche Warnzeichen gibt es und wo finden Betroffene Schutz? Antworten auf diese und weitere Fragen erhalten Behandler*innen in einem neuen Handlungsleitfaden des Projekts CHAIN und in Flyern der Caritas.

Weibliche Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation/Cutting = FGM/C) ist ein globales Phänomen. Nach der von der Weltgesundheitsorganisation anerkannten Definition umfasst der Begriff „weibliche Genitalverstümmelung“ alle Verfahren, für die es keine medizinische Indikation gibt und durch die die externen Genitalien teilweise oder vollständig entfernt oder anderweitig verletzt werden. UNICEF zufolge sind aktuell mindestens 200 Millionen Mädchen und Frauen weltweit betroffen. Auch in der EU sind es über 500.000 Betroffene und 180.000 Mädchen und Frauen, die von FGM/C bedroht sind. In Deutschland lebten laut der TERRE DES FEMMES Dunkelzifferstatistik von 2020 rund 75.000 Betroffene und ca. 20.000 Mädchen und Frauen, denen FGM/C droht.

„Auch wenn es in Deutschland im Vergleich ein weniger weit verbreitetes Phänomen ist und die Häufigkeit in den psychotherapeutischen Praxen gering ist, ist das Leid der Betroffenen sehr groß“, ordnet LPK-Vorstandsmitglied Ulrich Bestle ein. „Scham und Schuldgefühle führen dazu, dass darüber geschwiegen wird. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Behandler*innen informiert sind, um handlungsfähig zu sein und eine Behandlung der psychischen Folgen möglich zu machen.“

Schädigende traditionelle Praktiken (harmful traditional practices) wie FGM/C sowie Früh- und Zwangsverheiratungen (early and forced marriage = EFM) stellen eine Form von geschlechtsspezifischer Gewalt und Diskriminierung dar und verletzten die betroffenen Frauen und Mädchen schwer in ihren Menschenrechten.

Das von der EU ko-finanzierte Projekt CHAIN widmet sich der Prävention von weiblicher Genitalverstümmelung und Früh- und Zwangsverheiratung in Europa; zwei Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt, die häufig ineinander verschränkt sind. Das Projekt wird von TERRE DES FEMMES koordiniert und gemeinsam mit Partnerorganisationen in Frankreich, Italien, Spanien und Belgien umgesetzt. Mehr Informationen über CHAIN finden Sie auf der TERRE DES FEMMES Webseite.

Innerhalb des Projekts wurde nun die Broschüre „Intervention bei weiblicher Genitalverstümmelung und Früh-/ Zwangsverheiratung“ veröffentlicht, die wichtiges Hintergrundwissen über FGM/C und EFM vermittelt, die rechtlichen Grundlagen erklärt, Hinweise für den kultursensiblen Umgang mit Betroffenen gibt sowie Fallbeispiele und Anlaufstellen präsentiert. Die Informationen sind auch für Psychotherapeut*innen nützlich, bei den genannten Kontaktadressen liegt allerdings der Fokus auf Berlin.

Informationen zu Anlaufstellen in Rheinland-Pfalz bietet die Homepage des Psychosozialen Zentrums für Flucht und Trauma des Cariatsverband Mainz e.V.. Im Rahmen des Modellprojekts "Genitalbeschneidung von Frauen* und Mädchen* wirksam entgegentreten: Betroffene* unterstützen, Fachkräfte* qualifizieren und nachhaltige Vernetzungen schaffen" werden hier Flyer zu Genitalverstümmelung und zu den jeweiligen Regionalgruppen des Projekts zur Verfügung gestellt. Auch verschiedene Fortbildungsveranstaltungen für Behandler*innen sind in Planung.


Zum Download:

[iStock/Ponomariova_Maria]

15.03.2022
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