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Neue Studie belegt gravierende psychische Folgen der Ahrtal-Flut

Eine kürzlich publizierte wissenschaftliche Studie hat auf Grundlage von Routine-Daten der Betriebskrankenkassen (BKK) die Auswirkungen des Ahrtal-Hochwassers im Sommer 2021 auf die Gesundheit der lokalen Bevölkerung untersucht. Die Ergebnisse zeigen im stationären Bereich eine deutliche Zunahme abgerechneter Leistungen in einigen Diagnosegruppen nach der Katastrophe, vor allem im Bereich der psychischen und Verhaltensstörungen (so genannte F-Diagnosen).

Datengrundlage der Studie, die am 9. Januar 2024 im Bundesgesundheitsblatt veröffentlicht wurde, sind bundesweite Abrechnungsdaten des BKK-Landesverbands Nordwest. Untersuchungsregion war die Region Ahrweiler, verglichen wurden jeweils das 3. Quartal der Jahre 2020 und 2021. Der für die Studie verwendete Datensatz beinhaltete 10,95 Mio. gesetzlich Versicherte. Davon lebten 132.561 in der untersuchten Region und 10,82 Mio. in der Vergleichsregion (Deutschland ohne Ahrtal). Untersucht wurde, welche Diagnosen stationär und ambulant in Zusammenhang mit dem Hochwasserereignis gestellt wurden. Dabei sollten die folgenden Fragen beantwortet werden:

  1. Wie haben sich die ambulant und stationär gestellten Diagnosen im 3. Quartal 2021 im Vergleich zum Referenzzeitraum 3. Quartal 2020 hinsichtlich ihrer Häufigkeit in der Ahrtal-Region verändert?
  2. Wie unterscheiden sich mögliche Veränderungen der Diagnosehäufigkeit von der allgemeinen Entwicklung in Deutschland?

Der Vergleich zwischen der Ahrtal-Region und dem übrigen Deutschland machte deutlich, dass im Ahrtal fünf psychische Diagnosen im stationären Bereich teilweise deutlich zugenommen haben (PRR 0,73–0,30), wie beispielsweise Emotionale Störungen des Kindesalters (ICD-10 F93; PRR 0,40). Auch die Zunahme schizoaffektiver Störungen und Missbrauch von Opioiden lässt sich aus den Daten ablesen.

„Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass vor allem die mentale Gesundheit der lokalen Bevölkerung und die Gesundheitsversorgung insgesamt (sektorspezifische Inanspruchnahme) vom Hochwasser beeinträchtigt wurden. Da Hochwasserereignisse zukünftig häufiger und stärker werden können, müssen die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und Gesundheitsinfrastruktur entsprechend angepasst werden“, so die Verfasser*innen der Studie. Die Studie zeigt, dass die gesundheitlichen Folgen des Ahrtal-Hochwassers mit denen anderer geographisch vergleichbarer Ereignisse in vielen Punkten übereinstimmen und vor allem die Folgen auf die mentale Gesundheit von Bedeutung sind.

„Die Ergebnisse der vorliegenden Studie bestätigen die Einschätzung, die die Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz bereits direkt nach der Flutkatastrophe geäußert hat. Wir haben von Anfang an betont, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Katastrophe vor allem psychischer Natur sein werden“, so Kammerpräsidentin Sabine Maur. „Angesichts der gravierenden und langfristigen psychischen Folgen der Flutkatastrophe macht sich die Landespsychotherapeutenkammer weiterhin für eine Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung vor allem in der betroffenen Region stark. Auch im dritten Jahr nach der Flut ist der Bedarf nach wie vor riesig.“

Quelle: Augustin, J., Andrees, V., Czerniejewski, A. et al. Auswirkungen des Ahrtal-Hochwassers auf die Gesundheit der lokalen Bevölkerung – eine Analyse auf Grundlage von GKV-Routinedaten. Bundesgesundheitsbl 67, 5–13 (2024).

Die Studie finden Sie frei zugänglich HIER.

15.02.2024
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