Wie umgehen mit Stalking durch Patient*innen?
Dieser Rechtstipp befasst sich mit Stalking durch Patient*innen und den Umgang hiermit im Rahmen der Psychotherapie, da 5 % der Opfer von Stalking Personen aus professionellen Beziehungen wie Rechtsanwält*innen, Richter*innen und Psychotherapeut*innen sind. Wie gestaltet sich der rechtliche Hintergrund?
Stalking kann auf sehr viele unterschiedliche Arten erfolgen, wie der relevante Paragraph im Strafgesetzbuch deutlich macht. Die Besonderheit der Regelung des § 238 StGB besteht darin, dass das Opfer beweisen muss, dass die vorgenommene Handlung stattgefunden hat, nicht aber, dass diese auch erfolgreich war.
§ 238 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB)
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung nicht unerheblich zu beeinträchtigen, indem er wiederholt
- die räumliche Nähe dieser Person aufsucht,
- unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,
- unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person
a. Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder
b. Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen, - diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person bedroht,
- zulasten dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person eine Tat nach § 202a, § 202b oder § 202c begeht,
- eine Abbildung dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht,
- einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Vortäuschung der Urheberschaft der Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
- eine mit den Nummern 1 bis 7 vergleichbare Handlung vornimmt.
Erste Warnsignale wie beispielsweise unerwünschtes Verhalten, Demütigungen und Entwertungen, Drohungen bei Ablehnung, Angebote von sexuelle Gefälligkeiten, Überschreiten von Grenzen (siehe auch Praxistipp 26), einseitige Interaktionen und plötzliche Verhaltensänderungen sind möglicherweise direkt in der Psychotherapie erkennbar.
Konfliktverschärfende Indikatoren können im Rahmen der Trennungsphase „letzte Aussprachen/letzte Termine“ sein, zudem selbstwertbelastende Ereignisse/Statusbeeinträchtigungen, ein ausgeprägtes Minderwertigkeitsgefühl, anstehende Gerichtstermine (z. B. Sorgerecht/Scheidung/Betreuung), Suizidandrohungen, plötzlicher Arbeitsplatzverlust und/oder massive berufliche Probleme, Drohungen gegenüber Dritten/Androhungen in der Familie oder eine soziale und/oder kulturelle Desintegration.
Warnsignale und konfliktverschärfende Elemente sollten erkannt, eingeordnet und selbstverständlich dokumentiert werden.
Empfehlenswert ist es, sich des Risikos für Stalking (und andere Grenzüberschreitungen) bewusst zu sein und sich vorzubereiten: Hierzu gehört beispielsweise, die Räumlichkeiten zu prüfen und zu überlegen, welche Möglichkeiten bei akuter Bedrohung bestehen oder auch zu welchen Zeiten welchen Patient*innen der Zugang zu der Praxis gewährt wird. Hilfreich ist außerdem, ein Alarmierungssystem und einen Notfallplan zu erstellen und eigenes Wissen um deeskalierendes Verhalten sowie zu körperlichen Abwehrtechniken aufzubauen kann ebenfalls hilfreich sein. [...]
Den vollständigen neuen Praxis-Tipp Nr. 27 der LPK-Juristinnen "Stalking durch Patient*innen" finden Sie HIER zum Download als PDF.
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