Mehr Gruppentherapie für bessere Versorgung: KV-Förderung zeigt Wirkung
Peter Andreas Staub ist Mitglied des Vorstandes der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz. Außerdem ist er seit Januar 2017 Mitglied des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) und damit der erste Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut überhaupt, der in den Vorstand einer KV gewählt wurde. Im Interview mit der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz erklärt er, wie und warum die KV die Durchführung von Gruppenpsychotherapie fördert und wie sich dieses Versorgungsangebot in den letzten Jahren in Rheinland-Pfalz entwickelt hat.
LPK RLP: Herr Staub, welche Vorteile hat Gruppenpsychotherapie und wieso wird sie von der KV gefördert?
Peter Andreas Staub: Um dem weiterhin hohen Bedarf an psychotherapeutischer Behandlung effektiv zu entsprechen, ist gerade die Gruppenpsychotherapie bei vielen Indikationen eine adäquate Behandlungsform. Viele Krankheitsbilder, vor allem Angsterkrankungen, depressiven Störungen, Bulimie, Schizophrenie, somatoformen Störungen und Persönlichkeitsstörungen haben dafür einen hohen Evidenzgrad. Gruppendynamische Behandlungsformen bieten sich deshalb genauso - wenn nicht sogar besser - an als Einzeltherapie, wenn die Gruppeninteraktionen zum Beispiel auch die Einübung sozialer Fähigkeiten fördern sollen. Sie liefern zudem auch eine soziale Unterstützung. Die Erfahrung, nicht allein mit seinen Problemen zu sein und lösungsorientiert an diesen arbeiten zu können, ist ein weiterer Vorteil der Gruppentherapie. Die KV RLP möchte durch die Förderung dafür sorgen, dass noch mehr Therapeut*innen diese Technik einsetzen.
LPK RLP: Wie sieht das konkret aus? Durch welche Maßnahmen fördert die KV Gruppentherapie?
Peter Andreas Staub: Seit 2018 unterstützt die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV RLP) niedergelassene ärztliche und psychotherapeutische Therapeut*innen finanziell bei der Fort- und Weiterbildung zur Durchführung von Gruppentherapien. Die Förderung umfasst bis zu 2.500 Euro pro Antrag und basiert auf einem Beschluss der Vertreterversammlung. Insgesamt standen für das Förderprogramm 250.000 Euro zur Verfügung. Im Oktober 2024 wurde der Förderkatalog durch den Vorstand der KV RLP erweitert und umfasst nun auch die Systemische Therapie. Damit können Gruppenpsychotherapien in sämtlichen anerkannten Richtlinienverfahren gefördert werden.
Gefördert werden die direkten Fort- und Weiterbildungskosten, zum Beispiel Seminargebühren und Supervisionskosten. Um eine Förderung zu erhalten, muss vor Beginn der Maßnahme ein schriftlicher Antrag bei der KV RLP gestellt werden. Die Fort- oder Weiterbildung sollte maximal zwei Jahre ab Bewilligung dauern. Eine Antragstellung ist mit mindestens hälftigem Versorgungsauftrag möglich. Der Antrag muss Angaben zu Beginn, Dauer und Kosten der Fort- und Weiterbildung enthalten. Eine rückwirkende Förderung bereits abgeschlossener Maßnahmen ist ausgeschlossen. Die Auszahlung der Fördermittel erfolgt nach der erstmaligen Durchführung und Abrechnung der Gruppenpsychotherapie.
Detaillierte Informationen zur Richtlinie sind auf der Website der KV RLP unter www.kv-rlp.de/604514 verfügbar.
LPK RLP: Wie hoch ist denn aktuell der Anteil an Gruppentherapie im Vergleich zur Einzeltherapie?
Peter Andreas Staub: Der Anteil der Psychotherapeut*innen, die Gruppenpsychotherapien durchführen können, liegt momentan insgesamt bei 41,6 %. Davon entfallen 26 % auf Analytische Psychotherapie, 48,2% auf Verhaltenstherapie, 34,3 % auf Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und 40,0 % auf Systemische Therapie. Bei den Zahlen ist zu beachten, dass einige Psychotherapeut*innen Genehmigungen für mehrere Therapieverfahren haben.
LPK RLP: Hat sich das Angebot an Gruppentherapie in den letzten Jahren verändert? Zeigen die Fördermaßnahmen Wirkung?
Peter Andreas Staub: Die Anzahl der niedergelassenen ärztlichen und psychotherapeutischen Therapeut*innen in der KV RLP, die über eine Genehmigung zur Gruppentherapie verfügen, steigt stetig: Im Oktober 2017, also vor den Fördermaßnahmen, lag sie noch bei rund 25 Prozent, im März 2025 schon bei rund 41,6 Prozent.
Seit Inkrafttreten des Förderprogramms wurden von der KV RLP 72 Förderanträge zur Nachqualifikation bewilligt.
Eine eigene Auswertung, basierend auf der Anzahl der abrechnenden Leistungserbringer*innen pro Jahr, differenziert nach Arztgruppe und Therapiegruppe, ergibt den Anteil an durchgeführten Gruppentherapien: In der Arztgruppe 31 „Psychologische Psychotherapeuten“ erhöhte sich der Anteil der Gruppentherapie von 2,6% im Jahr 2017 auf 15,4% im Jahr 2024. Besonders ausgeprägt ist die Entwicklung in der tiefenpsychologischen Psychotherapie, wo der Anteil von 2,8% auf 17,4% stieg.
In der Arztgruppe 32 „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten“ zeigt sich eine ähnliche Entwicklung: Der Gesamtanteil der Gruppentherapie stieg von 3,2% auf 14,8% im Jahr 2024. Die stärkste Entwicklung zeigt sich auch hier in der tiefenpsychologischen Psychotherapie, mit einem Anstieg 0,9% auf 16,7% im Jahr 2024.
Die Fördermaßnahmen der KV RLP zeigen also erfreulicherweise eine deutliche positive Wirkung.
LPK RLP: Vielen Dank für das Interview!
In weiteren Interviews berichten Mitglieder der LPK RLP von ihren praktischen Erfahrungen mit der Gruppenpsychotherapie:
- Psychotherapeut Dr. Michael Broda im Gespräch: Gruppenpsychotherapie: Viele Vorteile für Patient*innen und Psychotherapeut*innen
- Interview mit Jessica Dietrich und Prof. Dr. Sebastian Murken: Gruppenpsychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen
- Die Auswertung der KV RLP zur Entwicklung der Gruppenpsychotherapie 2017- 2024 finden Sie hier.